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Hitzebedingte Todesfälle „Hitzewellen erhöhen Sterberaten“
Jahr1992199319941995199619971998199920002001200220032004200520062007200820092010201120122013201420152016201720182019202020212022
untere Prädiktionsgrenze-900-11000-800-1400-900-1100-1100-1100-900-1300600-900-1000700-1300-1000-10000-1300-1100-800-1100-600-1000-1400600600-400-1100-300
obere Prädiktionsgrenze1500120027001600120015001200150013001700130036001700140033001200160016002300140018001600160019001900140033003100240017002200
Hitzebedingte Todesfälle (Erwartungswert)300100130050003000100100500021004002002100030030012000300400300800500100190018001000300900

Anzahl hitzebedingter Todesfälle in NRW im Zeitraum 1992-2022 (Datengrundlage: an der Heiden et al. 2020, Winklmayr et al. 2022). Erklärvideo zu den Diagramm-Funktionen.

Datenstand 2022
Messgröße Hitzebedingte Sterbefälle (Erwartungswert), Anzahl pro Jahr
Räumliche Abdeckung Nordrhein-Westfalen (NRW)
Datenquelle Robert-Koch-Institut (RKI)
Fortschreibungsturnus jährlich
DPSIR-Indikator Impact

Durch den Klimawandel steigt zum einen die Lufttemperatur an. Zum anderen wirken sich die Temperaturunterschiede auch auf die Zirkulationssysteme der Erde aus. Allen voran spielt hier die Abschwächung des Jetstreams eine zentrale Rolle, denn durch dessen Abschwächung können Hoch- und Tiefdruckgebiete für lange Zeit an Ort und Stelle verharren. Langanhaltende Perioden mit hohen Temperaturen, kaum Wind und entsprechendem Sonnenschein, wirken sich durch thermische Belastung auf die menschliche Gesundheit, insbesondere bei anfälligen Personengruppen, aus.

Als Folge von Hitzewellen steigen lokal die Sterberaten über saisonal übliche Erwartungswerte hinaus. Als hauptverantwortliche Ursache gelten dabei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die bei hohem Hitzestress zum Tode führen können. Im Hitzesommer 2003 sind geschätzt europaweit über 70.000 Menschen aufgrund der extremen Hitze gestorben (Robine et al. 2008). Etwa 7.600 hitzebedingte Tode sind in Deutschland aufgetreten (an der Heiden et al. 2019). Betroffene Personengruppen sind in diesem Zusammenhang in erster Linie Menschen in der Altersgruppe von 75 und mehr Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen (Winklmayr et al. 2023). 

 

Literatur:

An der Heiden, M.; Muthers, S.; Niemann, H.; Buchholz, U.; Grabenhenrich, L.; Matzarakis, A. (2019): Schätzung Hitzebedingter Todesfälle in Deutschland zwischen 2001 und 2015. In: Bundesgesundheitsblatt 62 (5), S. 571-579. DOI: 10.1007/s00103-019-02932-Y.

Robine, J.-M.; Cheung, S. L. K.; Le Roy, S.; Van Oyen, H.; Griffiths, C.; Michel, J.-P.; Herrmann, F. R. (2008): Death Toll Exceeded 70,000 in Europe During the Summer of 2003. In: Comptes Rendus Biologies 331 (2), S. 171-178. DOI: 10.1016/J.CRVI.2007.12.001.

Winklmayr, C.; Matthies-Wiesler, F.; Muthers, S.; Buchien, S.; Kuch, B.; an der Heiden, M.; Mücke, H.-G. (2023): Hitze in Deutschland: Gesundheitliche Risiken und Maßnahmen zur Prävention. In: Journal of Health Monitoring 8 (S4), S. 1-34. DOI 10.25646/11645.

Hitzeperioden führen in Deutschland regelmäßig zu einem Anstieg der Mortalität. Dabei führt in den allermeisten Fällen eine Kombination aus Hitzeexposition und bereits bestehenden Vorerkrankungen zum Tod. Daher wird Hitze auf dem Totenschein normalerweise nicht als die zugrunde liegende Todesursache angegeben. Stattdessen müssen statistische Methoden angewendet werden, um das Ausmaß hitzebedingter Sterbefälle abzuschätzen (an der Heiden et al. 2020). Die Anzahl der hitzebedingten Todesfälle wird mit Hilfe eines mathematischen Modells als Differenz der wöchentlichen Sterblichkeit mit und ohne Hitze berechnet. Die Sterblichkeit mit Hitze bildet dabei die beobachteten Sterblichkeit - basierend auf Daten des statistischen Bundesamtes - nach, während die hypothetische Sterblichkeit ohne Hitze die Sterblichkeit in einem Szenario abbildet, in dem die Wochenmitteltemperatur 20 °C nicht übersteigt (an der Heiden et al. 2020).

In dem Modell werden verzögerte Effekte von Hitze innerhalb von vier Wochen berücksichtigt, so dass eine heiße Woche auch die Mortalität in der folgenden Kalenderwoche beeinflussen kann. Verschiebungen des Todeszeitpunktes ("short time mortality displacement") innerhalb von vier Wochen werden in dem Modell berücksichtigt und nicht als hitzebedingte Sterbefälle gezählt. Die Berücksichtigung von verzögerten Effekten führt im Vergleich zu früheren Versionen des Modells zu höheren Schätzungen hitzebedingter Todesfälle (Winkmayr et al. 2022).

 

Literatur:

An der Heiden, Matthias; Muthers, Stefan; Niemann, Hildegard; Buchholz, Udo; Grabenrich, Linus; Matzarakis, Andreas (2020): Heat-Related Mortality. In: Deutsches Ärzteblatt International 117 (37), S. 603-609. DOI: 10.3238/Arztebl.2020.0603.

Winklmayr, C.; Muthers, S.; Niemann, H.; Mücke, H. G.; an der Heiden, M. (2022): Heat-related mortality in Germany from 1992 to 2021. In: Deutsches Ärzteblatt International 119 (26), S. 451-457. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0202

Für die gesamte verfügbare Zeitreihe (1992-2022) ergibt sich ein jährlicher Mittelwert von knapp 600 hitzebedingten Todesfällen. In der Zeitreihe der hitzebedingten Todesfälle spiegeln sich die sommerlichen Hitzewellen der vergangenen Jahre wider. Auffällig sind hier die Jahre 1994, 2003, 2006, 2018 und 2019, in denen nach der Modellschätzung besonders viele hitzebedingte Todesfälle auftraten. Auch der Zusammenhang zwischen einer hohen Anzahl an Tagen mit Wärmebelastung und Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit verdeutlicht sich in den hitzebedingten Todesfällen: 1994, 2003, 2006, 2018 und 2019 traten viele Tage mit Wärmebelastung auf (Indikator 9.1 Wärmebelastung). Insgesamt unterliegt die Zeitreihe deutlichen Schwankungen.

Für alle Indikatoren werden eine Trendberechnung und Signifikanzprüfung nach der Methode des Umweltbundesamtes, kurz "DAS-Methode" genannt, durchgeführt. Die Trendanalyse ergab keinen signifikanten Trend.

 

 

Anzahl der hitzebedingten Todesfälle

(Erwartungswert)

 

Mittelwert

Trend

Änderung

1992-2022

584

 

-

Trendbeschreibung

 

  steigender Trend
  fallender Trend
  quadratischer Trend mit Trendumkehr: zuerst fallend, dann steigend
  quadratischer Trend mit Trendumkehr: zuerst steigend, dann fallend
  fallender quadratischer Trend
  steigender quadratischer Trend
  kein Trend

 

Trendbewertung

 
günstige Entwicklung
     
     
 
ungünstige Entwicklung
     
     
 
keine Bewertung der Entwicklung möglich oder gleichzeitig günstige und ungünstige Entwicklungsaspekte vorhanden