Durch die anthropogene Erderwärmung sind analog zu den stark angestiegenen Jahresmitteltemperaturen auch die Anzahlen der warmen Temperaturkenntage (Indikatoren 1.2 Durchschnittliche Jahreszeitenlufttemperatur und 1.4 Temperaturkenntage warm (Sommertage, Heiße Tage, Tropennächte)) gestiegen. Dies gilt für die Heißen Tage (T_max ≥ 30 °C), Sommertage (T_max ≥ 25 °C) und die Tropennächte (T_min ≥ 20 °C). Angesichts des derzeit stattfindenden starken Erwärmungstrends wird der Kühlbedarf in den Gebäuden vor allem in Ballungsgebieten weiter ansteigen. Mithilfe der Jahreskühlgradtage als Impact-Indikator kann eine Aussage über die Veränderung des Kühlbedarfs gemacht werden.

Um die Entwicklung des Kühlenergiebedarfs während der Sommermonate abschätzen zu können, wird die fiktive Größe der Jahreskühlgradtage eingesetzt. Die Berechnung der Jahreskühlgradtage erfolgt nach dem Ansatz von Spinoni et al. (2015) und Spinoni et al. (2018). Er basiert auf dem Schwellenwert bzw. einer Basistemperatur (T_basis) von 22 °C. Die Höhe der Überschreitung dieser Temperatur wird für alle Tage eines Jahres in gewichteter Form aufsummiert (Jahreskühlgradtage). Genau wie bei den bereits in Indikator 14.1 Jahresheizgradtage dargestellten Jahresheizgradtage werden die Jahreskühlgradtage in Kelvin * Tag als Einheit angegeben. Die Berechnung und Bereitstellung der Jahreskühlgradtage (CDD) erfolgt durch den Deutschen Wetterdienst, Regionales Klimabüro Essen.

Literatur:

Spinoni, J.; Vogt, J.; Barbosa, P. (2015): European degree-day climatologies and trends for the period 1951-2011. In: Int. J. Climatol. 35 (1), S. 25–36. DOI: 10.1002/joc.3959.

Spinoni, J.; Vogt, J. V.; Barbosa, P.; Dosio, A.; McCormick, N.; Bigano, A.; Füssel, H.-M. (2018): Changes of heating and cooling degree-days in Europe from 1981 to 2100. In: Int. J. Climatol 38 (3), e191-e208. DOI: 10.1002/joc.5362.

Der Indikator stellt u.a. die Entwicklung der Jahreskühlgradtage der urbanen Station Köln-Stammheim sowie der ländlichen, im Mittelgebirge gelegenen Station Lennestadt-Theten dar. Für die Klimanormalperiode 1991-2020 liegt der Mittelwert der Jahreskühlgradtage an der Station Lennestadt-Theten bei 69 K*d. In Köln-Stammheim liegt der Mittelwert für diesen Zeitraum bei 113 K*d, also deutlich höher. Die Lage in der größten Stadt NRWs und der gleichzeitig wärmsten Region in NRW, der Niederrheinischen Bucht, wirkt sich somit mit deutlich höheren Werten bei den Jahreskühlgradtagen aus. Die Station Essen-Bredeney an der Grenze zwischen der Westfälischen Bucht und dem Bergischen Land und die Station Köln/Bonn in der Niederrheinischen Bucht liegen bei den Mittelwerten ebenfalls deutlich auseinander. Essen-Bredeney hat einen Mittelwert von 73 K*d und Köln/Bonn von 100 K*d.

Besonders hohe Summen an Kühlgradtagen sind in Jahren mit deutlichen Hitzewellen festzustellen. In der längeren Zeitreihe von Köln-Stammheim sind dies die Jahre 1947, 2003 und 2018. In der kürzeren Zeitreihe von Lennestadt-Theten sind dies die Jahre 2003, 2018 und 2020. Dieselben Jahre stechen auch in den Zeitreihen von Köln/Bonn und Essen-Bredeney heraus.

Vergleicht man die jeweils verfügbaren ersten Klimanormalperioden mit der aktuellen Klimanormalperiode 1991-2020, so ergeben sich bereits deutliche Unterschiede bei den Kühlgradtagen. In Köln-Stammheim ergibt sich ein Unterschied zwischen der Klimanormalperiode 1951-1980 zu 1991-2020 um +48 K*d (siehe untenstehende Tabelle). Für die längste verfügbare Zeitreihe Essen-Bredeney liegt der Unterschied zwischen der ersten verfügbaren Klimanormalperiode 1941-1970 und 1991-2020 bei +30 K*d. Für Köln/Bonn ergibt der Vergleich der ersten verfügbaren Klimanormalperiode 1961-1990 zu 1991-2020 eine Zunahme um 36 K*d.

Für alle Indikatoren werden eine Trendberechnung und Signifikanzprüfung nach der Methode des Umweltbundesamtes, kurz "DAS-Methode" genannt, durchgeführt. Die hier dargestellten Zeitreihen der Jahreskühlgradtage weisen statistisch signifikant zunehmende Trends auf, wobei der von Köln-Stammheim durch die längere Zeitreihe und einigen hohen Werte in den 40-er Jahren quadratisch (u-förmig) ausfällt, nämlich zuerst leicht fallend und dann steigend. Zwischen dem Anfangs- und dem Endwert der Trendkurve weist die Station Köln-Stammheim einen Anstieg von +78 K*d auf. Das Änderungssignal (Differenz zischen Anfangs- und Endwert der Trendlinie) von Lennestadt-Theten beträgt im Zeitraum 1963-2022 +47 K*d. Essen-Bredeney verfügt ebenfalls über einen signifikant quadratischen Trend (u-förmig), der über die Zeitreihe 1935-2023 eine Zunahme von +47 K*d ergibt. Der Trend für Köln/Bonn (1958-2023) ist signifikant linear mit einer Zunahme von 73 K*d. Die Trends der kürzeren Beobachtungszeiträume sind untenstehender Tabelle zu entnehmen.